Motor Tuning Yamaha XJR 1300 - Steuerzeiten

Die Steuerzeiten werden im Laufe dieses Berichts eine wichtige Rolle spielen. Deswegen kommt jetzt eine Grafik aus der Tuning-Fibel, in der die grundlegenden Begriffe und Zusammenhänge noch mal kurz zusammengefasst werden.
Steuerzeiten
Im Internet fand ich verschiedene Angaben zu den Steuerzeiten der Seriennocken, so daß ich sie selber nachgemessen habe.

Heraus kamen an Einlaß und Auslaß jeweils ca. 234° Öffnung und 7,8 mm Hub. Die Seriensteuerzeiten waren also recht zahm und ich schätzte, daß wir mit 245-250°, einer verringerten Spreizung und 0,5-1mm mehr Hub ungefähr da ankommen würden, wo wir hinwollten.

Für das Umschleifen der Nocken auf diese Werte würden wir vom Grundkreis ca. 1,6-2,2 mm abnehmen müssen. Die Shims in Roberts Motor hatten aber eine Stärke von 2,6-2,8mm, während die maximal verfügbare Größe 3,1mm war. Deshalb würden wir, um das erhöhte Ventilspiel wieder auszugleichen, die Ventilsitze entsprechend tiefer schneiden oder uns nach einer passenden Nockenwelle umsehen müssen.

Im Netz kursierten Hinweise auf FJ 1100 Nockenwellen, die serienmäßig längere Öffnungszeiten und einen größeren Hub haben sollten. Damit würden sich angeblich phantastische Ergebnisse erzielen lassen. Wirklich aussagekräftige Daten fand ich aber nicht und so haben wir eine FJ 1100 Einlaß-Nockenwelle zum Nachmessen bestellt. Das hieß dann, alles erst mal liegen zu lassen und zu warten.

Ein paar Tage später war sie da. Ab damit auf die Drehbank.
Nockenwelle
Der bewährte Messaufbau.
Und tatsächlich: Die FJ-Nocken hatten 0,2mm mehr Hub und eine 3° längere Öffnungszeit. Wahnsinn! Wenn du nicht ganz vorsichtig mit dem Gas bist, fährt dir mit solch brutalen Werten wahrscheinlich noch im letzten Gang das Hinterrad unter der Gabel durch (Ja, ich war ein bißchen genervt).

Ich habe mich dann noch etwas im Netz umgesehen und bin dabei auf Yoshimura-Nocken gestoßen. Aber zum einen wurden die nicht mehr produziert, zum anderen waren auch gebrauchte nur schwer zu kriegen und wurden recht hoch gehandelt.

Daraufhin habe ich Herrn Körner von Campro angerufen und mich vorsichtig nach Einzelanfertigungen erkundigt. Der Preis war hoch, aber günstiger, als ich erwartet hatte, und ich hätte beim Profil die freie Auswahl. Das zweite Telefonat fiel mir etwas schwerer, aber nach ein bißchen Überzeugungsarbeit stimmte der geplagte Robert wieder zu. Ein Teil der höheren Kosten wurde dadurch aufgefangen, daß die 16 Ventilsitze nicht runtergeschnitten werden mussten. Auch beim Planen für die Verdichtungserhöhung hatten wir jetzt etwas mehr Luft, weil nicht schon 0,5mm nur dafür draufgehen würden, den Verlust durch die tiefersitzenden Ventile auszugleichen.

Zum Thema Verdichtung hatte Robert übrigens eine klare Ansage gemacht. Die lautete ziemlich wörtlich "Gib alles". Und da sagt man als Tuner dann ja auch nicht "Nee" . Die Verdichtung der XJR liegt serienmäßig mit 9,7 nicht allzu hoch. Gib alles bedeutet mindestens Superplus und 11,5 bis 12. Auf der Viertelmeile würde der Motor wahrscheinlich auch 13 überleben, aber ein bißchen länger sollte er doch schon halten. Aber auch so wurde mir leicht schwindelig, als ich nachrechnete, um wieviel wir den Kopf planen müßten. Ich kam bei 1,4 mm für eine Verdichtung von 11,7 raus. Das ist schon ziemlich starker Tobak. Eine Folge war, daß ich ganz genau ausmessen mußte, wie weit sich die Ventile dem Kolbenboden nähern. Zusammen mit den scharfen Nocken könnte das, je nach Einstellung der Steuerzeiten, schon eng werden. Die Ventile würden mit den scharfen Nocken im kritischen Bereich (Einlaß 10° nach OT bzw. Auslaß 10° vor OT) jeweils bis zu 4mm geöffnet sein und durch das Planen zusätzlich 1,4mm näher an den Kolbenboden kommen. Wenn ich Pech hätte, würde ich 16 Ventiltaschen im Kolbenboden nacharbeiten müssen. Beim Nachmessen kam ich auf gut einen Millimeter verbleibendes Spiel.

Glück gehabt.
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