Motor Tuning Yamaha XJR 1300 - die Vergaser

Wenn du dermaßen verwachst hast, kann es schnell passieren, daß du dich vollkommen verrennst. Deswegen habe ich wieder den Serienvergaser eingebaut, um etwas Grund in die Sache zu bekommen. So hatte ich die Möglichkeit, mich erst mal ein bißchen mit den Nockenwellen umzusehen. (An dieser Stelle mal ein großes Lob an die Yamaha Ingenieure: Ich habe selten ein Motorrad dieser Bauart gesehen, bei dem sich die Vergaser so leicht ein- und ausbauen lassen.) Erfahrungsgemäß würde eine gelungene Einstellung der Steuerzeiten dann auch mit Veränderungen an der Peripherie des Motors gut harmonieren. Dazu gehörten jetzt nicht mehr nur die Flachschieber sondern auch eine Akrapovic-Komplettanlage, die Robert, der es nun offensichtlich wirklich wissen wollte, noch bestellt hatte. Wegen der Auspuffanlage machte ich mir die wenigsten Sorgen, weil man diese Anlagen einfach draufstecken kann und fast immer hier und da noch ein paar PS eintrudeln.

Beim ersten Lauf mit den Serienvergasern fühlte sich der Motor schon sehr schön an und auf dem Bildschirm erschien eine Kurve, die mir Hoffnung machte.
Leistungsdiagramm
Knapp 140 PS und 130 Nm. Immerhin. Der Leistungszuwachs stellte sich erwartungsgemäß erst bei höheren Drehzahlen ein. (Zum Vergleich die rote Kurve mit der Eingangsmessung )
Damit waren die nächsten Schritte klar. Ich müßte auf jeden Fall noch 20/47 (LC 103,5) und 25/42 (LC 98,5) ausprobieren. Mit beiden Einstellungen würde sich, zumindest in der Theorie, die Leistung im mittleren Bereich verbessern und die Spitzenleistung reduzieren. Praktisch hoffte ich aber, zumindest mit den 20/47, die 140 PS halten zu können. Es wäre damit vielleicht sogar möglich, die Spitzenleistung noch etwas zu steigern, falls die bisherige Einstellung zu weit übers Ziel hinausgeschossen sein sollte.

Die 25/42 wären vermutlich die untere Grenze, und auf ihre Art auch eine extreme Einstellung. Es könnte aber sein, daß sie den mittleren Bereich gegenüber den 47/20 weiter verbessern oder zumindest einen Hinweis darauf geben, ob eine Einstellung zwischen diesen Werten noch Sinn macht. Als Nächstes könnte ich die Akrapovic Anlage draufstecken und dann noch mal versuchen, mit den großen Flachschiebern eine vernünftige Einstellung zu finden. Wenn das nicht klappen sollte, würde ich mir eben die Serienvergaser vornehmen und sie auf die andern Komponenten abstimmen. Nur Versuch macht kluch, Probieren geht über Studieren und jetzt mal Butter bei die Fische.

Zuerst die 47/20 mit den Serienvergasern:
Leistungsdiagramm
Das war wohl nichts.
Die rote und die baue Kurve kennst du schon. Die grüne ist die Neue. Erst hinter 5000 kommt sie in die Nähe der vorherigen Einstellung.

Das einzige, was die stärkere Überschneidung bewirkt hatte, war eine Verschlechterung im Bereich bis 5000. Der Einbruch, der vorher auch schon da war, wurde noch verstärkt. Da saß ich nun mit meinem angenähten Hals und meiner schönen Theorie. Aus Erfahrung würde ich sagen, daß es mehrere Möglichkeiten zur Erklärung gab. Zum einen hatte ich schon öfter erlebt, daß ein zurückgenommener Auslaßbeginn die Kurve im mittleren Bereich verschlechtert. Ich könnte also versuchen, die Überschneidung um 2-4° vorzuverlegen. Zum anderen war es auch nicht ganz unwahrscheinlich, daß das Gemisch nicht mehr passte. Auch vorher deutete der Kurvenverlauf in diesem Bereich darauf hin, daß die Einstellung hier nicht optimal war. Eventuell hat die Veränderung der Steuerzeiten dieses Problem noch verstärkt. Es könnte aber auch sein, daß uns der Serienauspuff mit seinem Resonanzverhalten einen Strich durch die Rechnung machte. Was nun? Ich entschied mich, auf den Akrapovic Auspuff zu warten. Er war für den nächsten Tag angekündigt und sollte sowieso angebaut werden. Also noch mal abwarten und dann weitersehen.

Weil mir die Sache aber keine Ruhe ließ und weil es schnell erledigt ist, habe ich zwischendurch auf einen Trick ganz tief unten aus der Schrauberkiste gegriffen. Ich habe die Ansaugöffnung der Airbox teilweise abgeklebt. Dadurch verringert sich nicht nur die Luftzufuhr, sondern auch der Unterdruck im Ansaugsystem erhöht sich, so daß der Spritstand im Mischrohr steigt. Beides fettet das Gemisch an.

Den genau umgekehrten Effekt hat das Entfernen des Luftfilters. Leidgeplagte Einbauer von Tauschfiltern können das eine oder andere Lied davon singen. In unserem Fall sollte es aber zeigen, ob es tatsächlich an der Gemischeinstellung haperte, und wenn ja, in welche Richtung ich abstimmen müßte. Beim Versuch mit ca. 50% reduziertem Querschnitt brach die Leistung kurz hinter 3000 völlig ein. Mit 20% Verengung zog der Motor zwar durch, aber der Einbruch bei 5000 war immer noch wesentlich stärker als vorher. Ohne Luftfilter sah es schon besser aus. Die Leistung verbesserte sich fast über den gesamten Drehzahlbereich - nur das Loch bei 5000 blieb annähernd unverändert. Es war also offensichtlich, daß das Problem allein über das Gemisch nicht in den Griff zu bekommen sein würde. Immerhin zeigte sich aber auch, daß mit einer magereren Einstellung etwas zu holen war. Die Aktion hatte sich deshalb wenigstens ein bißchen gelohnt.

Leistungsdiagramm
Die rote Kurve mit der bisherigen Vergasereinstellung, die blaue mit dem 20% abgeklebten Airboxeinlaß und die hellblaue Kurve ohne Luftfilter ( Ich habe die Messungen nicht alle bis zum Ende gefahren, weil es mir erst mal nur um den mittleren Bereich ging).
Am PC wurde es schon erfreulicher. Mein alter Freund Martin hatte mir einen Testbericht der Over-XJR gemailt, in dem von 40er-Flachschiebern die Rede war. Die Karre sollte höllisch gehen und ab 3000 problemlos Gas annehmen. Das machte mir wieder etwas Hoffnung wegen der Vergaser. Die Over war allerdings mit 150 PS angegeben und hatte 1380 statt der 1251 Kubik unserer XJR.

An die 150 PS würden wir wohl nicht ganz rankommen. Bis zu 145 könnten aber schon drin sein, wenn die 40er funktionieren sollten. Es würde sich also vielleicht doch lohnen, sie noch mal gründlich abzustimmen.

Aber erst mal war jetzt wieder Warten wegen der Tüte angesagt.
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